Cricket-Meeting Wien vom 30.8.2011


Der schnellste 5er meines Lebens???

Nachdem mir mit Hennersdorf und Stinatz zwei Rennen ausgefallen sind und ich somit „Platz“ für einen Probewettkampf für die European Masters Games in Lignano hatte, machte ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Bahnwettkampf. Es sollte schließlich das traditionelle Cricket-Meeting in Wien werden. Ich nahm an der 106. Auflage seit dem Jahr 2000 teil. Die 5.000 m sollten zum Erfahrungssammeln auf der Bahn dienen. Meine Trainerin Ruth und ihr Lebensgefährte Michael sagten sogar ihren dienstägigen Lauftreff ab und waren mit mir an der Startlinie.

Rennverlauf: Wie praktisch vor jedem Rennen lässt sich ein wenig Hektik nicht vermeiden, da der eine mit Aufwärmen, der andere erst mit Umziehen usw. beschäftigt ist. So konnte ich mich mit Ruth nur immer wieder „im Vorbeigehen“ besprechen, was aber kein Problem war. Dass ich kurzfristig vom geplanten 4:30er-Schnitt auf 4:20 umschwenkte, war für meine Trainerin auch in Ordnung. Für eine erfahrene Bahnläuferin und vielfache Staats- und Landesmeisterin ist eine derartige Planänderung oder gar der KM-Schnitt keine Herausforderung. Dies bewahrheitete sich gleich unmittelbar nach dem Startschuss, als Ruth meinte, dass wir viel zu schnell wären. Auf diese Information durch meine Laufuhr hätte ich bis zum Ende der ersten 400m-Runde warten müssen. Natürlich kamen wir dort genau mit den geplanten 1:44 durch. Ruth gab mir danach die Anweisung, dass ich nicht neben, sondern hinter ihr laufen solle, was für mich ungewohnt war, ich aber sofort (aber ein wenig seitlich versetzt) machte. Diese "Tandem-Positionierung" sollten wir dann für die gesamten 12,5 Stadionrunden halten. Auf diesen 12,5 Runden wurden Ruth und ich von unseren Söhnen angefeuert. Stefan war am Beginn der Zielgeraden im Zuschauerraum und rief seiner Mutter immer wieder zu. Ruth hatte die Luft auch stets zurückzurufen. Theodor saß neben meiner Frau Andrea im Kinderwagen, da er ansonsten auf die Tartanbahn gelaufen wäre. Seine ständigen Rufe konnte ich nur einmal mit einem kurzen Winken erwidern, dann musste ich schauen, das Tempo irgendwie zu halten. Ins Grübeln kam ich bei 3.000 m, wo wir mit 13:00 min durchgingen. Ich dachte, dass dies meine 3.000-m-Bestzeit vom Dusikastadion gewesen wäre und jetzt noch 2.000 m ausstünden. In Wahrheit finishte ich im Dusikastadion mit 12:13 min. Dieser (falsche) Gedanke kostete mich aber sehr viel Kraft. Ich überlegte, Ruth zuzurufen, dass wir um 5 sec/km langsamer laufen sollten. Doch irgendwie hatte ich Angst vor dieser „Blamage“ und wollte kämpfen, wie es sich gehört. Erst fünf Runden vor Schluss, also an besagter 3.000-m-Marke, begann ich die Runden runterzuzählen. Ruth zählte mir die letzten beiden Runden laut vor. Und in der letzten Runde sagte sie mir jeden Hunderter an. Dies empfand ich etwas unangenehm, da ich nur mehr zur Kurve und nach Absolvierung dieser zur Geraden blicken wollte, ohne an Meter zu denken. Auf der Zielgeraden hatte ich – in Ansehung des Endes des Rennens – noch Kraft für eine Tempoerhöhung, wollte aber meine Trainerin unter keinen Umständen überholen. Ich rief ihr daher zu: „Mach du es!“ Beim Zieldurchlauf hörte ich somit von der Wettkampfleitung: „873 vor 872 (unsere Startnummern), Frau vor Mann.“ In diesem Fall hatte es ausnahmsweise seine Richtigkeit, dass die Pacemakerin „gesiegt“ hat :-) Dass Ruth von der ersten bis zur letzten Runde konstant wie ein Uhrwerk lief, war für mich klar, da ich jeden Dienstag mit ihr trainiere, sei als besondere Gabe hier allerdings hervorgestrichen! Mein zweiter allwöchentlicher Trainingspartner in diesem Rennen, Michael, konnte sein Ziel einer 20er-Zeit hauchdünn nicht erreichen. Angesichts der kurzfristigen Anreise durch den Stau nach einem langen Arbeitstag ist dies aber leicht erklärbar.

Strecke: Zum Streckenprofil braucht man bei einer 400m-Bahn keine Worte verlieren. Die Cricket-Anlage ist ein Leichtathletikstadion mit kleiner Tribüne. Direkt vis a vis befindet sich das größte Stadion Österreichs, das Ernst-Happel-Stadion, auf das man von der Gegengeraden einen wunderbaren Blick hat.

Organisation: Neben dem tadellosen Leichtathletikstadion samt Restaurant und Umkleiden gibt es am Areal eine Meldestelle. Diese ist eine Art Gartenhaus, wo man sich bis 45 min vor Bewerbsbeginn zwanglos anmeldet. Sprich: Man füllt einen kleinen Zettel mit Name, Verein und Bestleistung im gewählten Bewerb aus und bekommt nach Barzahlung der Startgebühr die Startnummer (die man nach Bewerbsende wieder zurückgibt). Die Zeitnehmung erfolgt elektronisch, wobei es leider keine Uhr beim Ziel gibt. Das Rundenzählen sollte man selbst machen, da einem nicht jede Runde angesagt wird. Fast immer wurde aber die Durchgangszeit  zugerufen. Parkplätze gibt es am gegenüberliegenden Stadionbadparkplatz zur Genüge und für 2,5 Stunden kostenlos.

Wetter: Zur Startzeit um 18.20 Uhr hatte es 23 Grad. Für Wiener-Verhältnisse herrschte kein Wind, nur eine leichte, angenehm kühlende Brise war zu verspüren. Die dunklen Gewitterwolken hielten dicht, was bei einem Bahnrennen (mit Straßenlaufschuhen) natürlich sehr wichtig war.

Spezielles/Statistisches: Die Atmosphäre im Cricket-Stadion ist etwas Besonderes: Nicht nur die Lage im Prater – dem Laufsportnabel Österreichs – neben Ernst-Happel-Stadion, Trabrennbahn Krieau und Dusika-Stadion ist motivierend. Auch die Anwesenheit zahlreicher Laufsportgrößen Österreichs spornt an. Exemplarisch seien genannt: Andrea Mayr, Lisa-Maria Leutner, Anita Baierl, Hubert Millonig, Lukas Pallitsch, Martin Steinbauer.

Resümee: Obwohl ich müde und somit nicht voll fit nach Wien kam, wollte ich die Chance wahrnehmen, eine pB am 5er zu erzielen. Die guten äußeren Verhältnisse sowie die völlig ebene Strecke (Bahn) konnte ich einfach nicht ungenutzt lassen. Dass ich mir dabei trotz Pacemakerin (Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle nochmals an Ruth!!!) so enorm schwer tat, hätte ich nicht erwartet. Nach dem Rennen dachte ich mir, dass dies wohl der schnellste 5er (5KM oder 5.000 m) meines Lebens gewesen sein wird. Tatsache ist, dass die VO2max (maximale Sauerstoffaufnahme) mit zunehmenden Lebensalter abnimmt. Gerade diese ist aber auf den kürzeren Distanzen entscheidend, sodass ältere Ausdauerathleten eher auf den längeren Distanzen punkten. Wir werden also sehen, ob ich mir die 21:19 min vom 30.8.11 in Stein meisseln kann oder nicht. Wichtig ist aber, dass ich für mein „großes Rennen“ in eineinhalb Wochen in Lignano wertvolle Erfahrung gesammelt habe, die ich hoffentlich gut nutzen und umsetzen kann.

Ausblick: Am 10.9.11 steht meine Olympia-Premiere am Plan. Im Stadion Teghil in Lignano werde ich die 10.000 m in Angriff nehmen. Nach der Probe über 5.000 m im Cricket-Stadion muss ich zugeben, dass ich etwas Spundes davor habe. 10 KM dürfen einen Halbmarathonläufer nicht  wirklich schrecken. Allerdings habe ich gemerkt, dass das Rundenlaufen für mich eine enorme Herausforderung ist – in Lignano sind 25 davon zu absolvieren… Ich hoffe, dass sich meine Beine in den verbleibenden Tagen gut erholen. Dann werde ich beim meinem ersten Rennen auf italienischem Boden mein Bestes versuchen und eine Zeit um 45 min anstreben.