Ljubljanski Maraton vom 24.10.2010
Gelungener Jubiläums-HM in Sloweniens Hauptstadt
In Ljubljana stand mein 20. Halbmarathon an. Es war der vierte Wettkampf einer Rennserie - drei HM´s seit August plus mein 10KM-Sieg beim UNIQA-Lauf. Ich konnte also nicht mehr die ganz große Frische in meinen Beinen haben. Außerdem hatte ich mein Training auf den Saisonhöhepunkt ÖM in der Wachau ausgerichtet. Dass ich allerdings am Vorabend des Rennens in der slowenischen Hauptstadt derart marode sein würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte Schmerzen an den Beinen von der Wade bis in die Leisten, dazu Kreuzweh, eine rinnende Nase sowie eine geplatzte Ader im Auge. Mit diesen Vorzeichen hatte ich vor meinem zwanzigsten HM mehr Muffensausen als vor meiner Premiere im Jahr 2003! Ich hatte echte Bedenken, die 21,1KM zu überstehen. Dank des Zuspruchs durch meine Frau sowie per SMS durch meinen Zwillingsbruder konzentrierte ich mich aber am nächsten Tag auf meine Hausaufgaben einer solchen Herausforderung.
Rennverlauf: Nachdem über 10.000 Starter erwartet wurden, machte ich mir keine Gedanken über mein Anfangstempo - dieses würde mir sowieso vorgegeben. Ich hatte auch keine Bedenken, sollte es zu langsam losgehen. Schließlich lief ich in Lissabon im Vorjahr die ersten beiden Kilometer "staubedingt" in 6:30 und kam noch auf eine Endzeit von 1:56. Ich verließ zehn Minuten vor dem Start unser Hotel und stellte mich hundert Meter vom Hoteleingang ans Ende des Starterfeldes. Dort aktivierte ich sofort meine Uhr, welche aber keinen Satellitenempfang zustande brachte. Gottlob verzögerte sich der Start um 9 Minuten, sodass ich im letzten Moment doch noch zu einem Satellitenempfang kam. Ich stellte fest, dass ich erstmals in meiner Läuferkarriere in den Genuss eines Wellenstarts kam, welcher in der Ausschreibung nicht angekündigt war. Natürlich stand ich im falschen Block, nämlich jenen für 4:15 M-Zeit bzw. 2:07:30 HM-Zeit. Im dichten Gedränge verabsäumte ich auch beinahe, meine Uhr anzustoppen. Außerdem genoss ich den Jubel der in mehreren Reihen stehenden Zuschauer. Auf dem ersten Kilometer gab es eine langgezogene Linkskurve einer vierspurigen Straße. Das Gros der Teilnehmer blieb aussen in der Kurve, ich nütze aber die Gelegenheit zum Überholen auf der Innenbahn, was mir bereits auf dem ersten Kilometer meinen geplanten Schnitt von 5:30 bis 5:35 ermöglichte. Nach zwei Kilometern konnte ich schon die Ballons der 2-Stunden-Pacer überholen. Etwas später fiel mir ein Läufer auf, der erstens mein Tempo konstant lief und zweitens immer die Innenkurve ansteuerte - offenbar ein Ortskundiger. Diesem Läufer folgte ich bis zur Labe bei KM 10, wo er durchlief, ich mich aber hydrieren musste. Als ich auf mich alleine gestellt war, feuerte ich prompt einen zu schnellen Kilometer heraus. Es blinkten 4:58 aktuelle Geschwindigkeit auf meiner Uhr auf, worauf ich sofort zurückschaltete, aber diesen Kilometer immer noch mit 5:20 lief. Bei KM 13 oder 14 fand ich wieder einen Tempomacher in Gestalt einer Frau mit Ironman-Startnummerngurt. Erst zuhause sollte sich herausstellen, dass dies eine Österreicherin war, die den Marathon in 3:57 finishte. Als mir diese bei einer Labe entschwand, hängte ich mich bei einem slowenischen Läuferpaar dran. Ab KM 15 begann ich die restlichen Kilometer herunterzuzählen. Ich fühlte mich an dieser Stelle schlechter als in der Wachau, aber besser als in Prag und Klagenfurt. Hier kam mir die Erfahrung v.a. der letzten beiden HMs zugute. Ich versuchte, einen Kilometer nach dem anderen in den angepeilten 5:30 bis 5:35 zu bleiben und freute mich jeweils beim Erreichen dieses Teilzeils. Bei KM 19 musste ich - wie schon in der Wachau - an Prag denken, da ich bei dieser KM-Tafel von einem Schritt auf den anderen stehen blieb. Ich ignorierte diesen Gedanken schnellstmöglich und wusste von der Autoanreise zu unserem Hotel, dass es die letzten Kilometer leicht bergab geht. Einzig eine Autobahnunterführung war noch zu bewältigen. Als ich auf dem letzten Kilometer unserem Hotel immer näher kam, von wo es nur mehr 300 m ins Ziel waren, und meine Laufuhr einen Schnitt von 5:33 anzeigte, konnte ich nicht mehr anders, als diesen Schlusskilometer mit einem Dauerlachen zu bewältigen. Unzählige Male ging es mir so wie den Läufern, die ich jetzt überholte. Deren Beine gaben nichts mehr her, wohingegen ich beflügelt dem Ziel entgegenschwebte (Anm.: Wie oft liest man das in diversen Laufbüchern und wie selten ist einem dieser Moment in seinem Läuferleben vergönnt?!). Auf der Höhe unseres Hotels klatschte ich noch im Vorbeilaufen mit meiner Frau ab, die ein Foto von mir schoss. Dann ging es noch zweimal ums Eck und einmal über mit einer Rampe abgedeckte Stufen hinauf zum Platz der Republik, wo zwischen zwei Hochhäusern der Zielbogen erreicht war. Ausdrücklich herausstreichen möchte ich an dieser Stelle noch die Zuschauer in der slowenischen Hauptstadt: Es gibt keinen Kilometer, der zuschauerfrei wäre. Es wird einem ständig "Bravo und Brava" sowie "Tempo" zugerufen. Ratschen sowie Blasmusikkapellen erhöhen den Stimmungsfaktor zusätzlich. Unbeschreiblich ist die Atmosphäre, wenn man mit dem Hauptfeld (= Zwei-Stunden-Läufer) die Zielarena erreicht.
Strecke: Die Strecke ist einfach. Vom Höhenprofil ist sie zwischen Wachau (nur bergab) und Wörthersee-HM (ständiges, leichtes bergauf und bergab) anzusiedeln, wobei die Anstiege sehr moderat und kurz sind. Erwähnenswert sind eine Autobahnüber- sowie zwei -unterführungen. Bei einer Autobahnunterführung wechseln die Läufer auf den Gehweg, wo es sich etwas drängt. Dies zahlt sich allerdings aus, da der Gehweg weniger tief hinunter und wieder rauf geht als die Straße. Die Strecke führt durch einen Großteil Ljubljanas, sodass man eine guten Eindruck von der Stadt bekommt. Start und Ziel sind in der Altstadt. Man durchläuft aber auch Wohngebiete mit Einfamilienhäusern und Wohnsilos sowie Industriegegenden und den Park Tivoli.
Organisation: Herauszustreichen ist die Startnummernabholung, die von Do bis Sa jeweils von 9-19 Uhr sowie sogar noch am So direkt vor dem Rennen stattfindet (ungewöhnlich für einen Massenlauf). Im Startersackerl befand sich ein Langarmfunktionsshirt, das mir viel Freude bereitete, sowie Laufsocken. Gefehlt hat ein Streckenplan bzw. ein Programmheft. Gottlob hatte ich aber alles Notwendige geistig gespeichert. Erwähnenswert ist auch der Wellenstart, den ich erstmals erleben durfte - eine tolle Sache, die es in Österreich nirgends gibt. Die Labestationen sind 100 m vor dem Erreichen bereits gekennzeichnet (allerdings nichts, ob sie links oder rechts sind) und kamen mit der Ausgabe gut hinterher. Die Finishermedaille ist leider Marke "Sumsi-Lauf in Hinterstetten". Für einen Marathonbewerb dieser Güte hätte ich mir nicht unbedingt die kleinste Medaille aller meiner bisher gesammelten vorgestellt. Angesichts des erfolgreichen Laufs blicke ich trotzdem mit viel Freude darauf!
Wetter: Die Temperatur von rund 10 Grad in Kombination mit tlw. trübem und tlw. sonnigem Himmel war zufriedenstellend. Leider kam auf den letzten Kilometern böiger, allerdings nicht zu starker Gegenwind auf, genau wie er in der Wettervorschau prognostiziert war. Beklagen darf ich mich aber keinesfalls, da es am nächsten Tag zur selben Zeit wie aus Kübeln schüttete.
Spezielles/Statistisches: Erwähnt habe ich bereits, dass dies mein 20. HM war und die Stimmung in Ljubljana während des Rennens außergerwöhnlich ist. An Musik wurde - für eine Hauptstadt ungewöhnlich - an sieben Stellen Blasmusik aufgeboten. Mir gefällt dies, da mir diese Art von Musik eher rhythmische Beine beschert als Pop oder gar Klassik. In der Regentova Cesta auf KM 8,5 bin ich meinen 700. Wettkampfkilometer gelaufen. Der Zufall wollte es so, dass just an dieser Stelle für mich ;-) links und rechts der Straße Menschen mit einem Fahnenmeer (SLO, USA etc.) positioniert waren.
Resümee: Mein (zu) hoch gestecktes Ziel, meine Wachau-Zeit zu unterbieten, habe ich nicht erreicht. Ich wusste aber bereits im vorhinein, dass dies eher ein Wunschdenken sein würde. Dass ich angesichts der Umstände und der fortgeschrittenen Saison unter zwei Stunden geblieben bin, freut mich sehr. Ich weiss jetzt, dass ich bei entsprechendem Kampfgeist und guter Renneinteilung dieses Ziel regelmäßig schaffen kann, was mich für meine zukünftigen Aufgaben positiv stimmt.
Ausblick: Ich werde jetzt zwei Wochen Laufpause einlegen. Damit habe ich im heurigen Jahr dann insgesamt drei lauffreie Wochen, was ich aus Regenerationsgründen für absolut wichtig erachte. Danach werde ich eher schnellere Einheiten trainieren, damit ich beim Mödlinger Altstadt-Adventlauf ein würdiges Ergebnis bei meinem 50. Wettkampf erziele. Minimalziel ist, meine VM-Bestzeit zu verbessern. Anstreben werde ich allerdings eine Zeit unter 50 Minuten, was eine Herausforderung ist. Danach beginnt der Saisonaufbau für 2011. In Ljubljana habe ich mir während des Rennens geschworen, ausreichend lange Einheiten zu trainieren, damit mir im nächsten Jahr derartige Zweifel oder Kämpfe wie heuer erspart bleiben.